Kaum in Lissabon angekommen, spürt man die Melancholie und Trauer wie man sie aus Wien kennt, gepaart mit der Lebendigkeit der Südländer. Die Portugiesen sind einfache Menschen, gewohnt mit wenig auszukommen. Ihre Lieder handeln von der Trauer.
Anders, als von den anderen südländischen Ländern gewohnt wirkt Portugal besonders aufgeräumt und sauber. Keine wilden Mülldeponie oder chaotische Hinterhöfe. Alles ist, ihren Möglichkeiten entsprechend, gepflegt. Da es Tradition ist, die Häuserfasaden mit Fliesen zu verkleiden, fallen einem die längst verlassenen Häuser erst auf den zweiten Blick auf – von denen es in der Altstadt von Lissabon und Porto unzählige gibt.
Das ganze Land ist eine einzige Baustelle. In den letzten 10 Jahren dürfte sich das Land neu errichtet haben. Größtenteils nehmen sie bedacht auf ihr Kulturerbe, jedenfalls was die öffentlichen Plätze betrifft. Mit viel Feingefühl schaffen sie neu Räume, renovieren alte Substanz und zeigen Mut zu modernen Architektur.
Die großen Sozialbauten unterscheiden sich durch nichts zu den unseren. Jeder Ort, egal ob kleines Fischerdorf oder Großstadtmetropole, sind von unzählige Betonburgen umgeben . Vorallem die Küste wird so kontinuierlich für alle Ewigkeit zerstört werden. Schon jetzt wird man vergeblich nach einem Ort mit Charakter suchen. Zu aufdringlich und mächtig stehen die Zeichen des neu erworbenen Kapitalismus neben den mit Kacheln liebevoll verzierten, teils verspielten Häusern aus älteren Zeiten. Es gilt möglichst rasch einen neuen Standard zu schaffen und den Luxus der westlichen Welt mitleben zu dürfen. Ein absolut berechtigtes Streben, aber wie so oft verhindert eine zu schnelle Entwicklung städtebauliche Visionen und gesellschaftliche Konzepte für die nächsten Generationen. Schade, wenn man daran denkt, wieviel Chancen die neu aufstrebenden Nationen hätten, wenn sie aus den Fehlern der hochentwickelten Länder lernen würden. Zugegeben, sehr viel verlangt, wenn wir selbst nicht einmal fähig sind aus unseren eigenen Fehlern zu lernen.
Irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht los, daß das ganze Land ein einziges Eu-Förderprogramm ist. Eine der Richtlinien dürfte die Errichtung eines flächendeckendes Verkehrsnetzes sein. Portugal ist durchzogen von nagelneuen Schnellstraßen und Autobahnen die noch auf keiner Straßenkarte zu finden sind. Es scheint, daß die Straßen schneller entstehen als die Kartographen zeichnen können. Jedoch dürfte der Erhalt der alten Nebenstraßen arg darunter leiden. Die Dörfer selbst sind wiederum fast ausschließlich mit neuen Hinweisschildern und Geschwindigkeitsabhängenden Ampeln ausgestattet worden…
07/25/01